Havelberger Pferdemarkt - Blick vom Riesenrad über den Handelsplatz

Jährlich am ersten Septemberwochenende lockt der Havelberger Pferdemarkt, früher auch Heiratsmarkt, hunderttausende Besucher in die Kleinstadt an der Havel im Nordosten von Sachsen-Anhalt. Bereits seit 1750 wechseln hier Pferde und andere Tiere per Handschlag den Besitzer. Neben dem traditionellen Pferdemarkt gibt es einen großen Rummel mit tollen Fahrgeschäften, den Handelsplatz u.a. mit Marktschreiern, wie z.B. Käsemaik und Bananenfred sowie einen riesigen Flohmarkt über mehrere Tage.

Havelberger Kleinhandelsplatz von oben

Der Flohmarkt hatte zu DDR-Zeiten nicht nur eine wahnsinnige Größe sondern auch das wohl größte und vielseitigste Angebot des Landes. Nach 1990 musste der Flohmarkt aufgrund der für uns Ossis ungewohnten Warenfülle in den Geschäften ein paar traurige Jahre durchmachen. Doch schnell hatte er sich erholt und wurde wieder zu einem interessanten Mega-Handelsplatz.
Leider gab es 2007 eine von der Stadt verordnete drastische Reduzierung des Flohmarktes. Aber 2008 durften erfreulicher Weise schon wieder etwas mehr Händler auf den Elbwiesen trödeln und 2009 waren es nochmal etwas mehr. Neben einem riesigen Spektrum an alten Haushaltsgegenständen und ein wenig Ostalgie locken sicherlich auch das abendliche Vergnügungsangebot und die Musikzelte die vielen Besucher an.

Der Pferdemarkt in Havelberg hat auch in unserem Leben schon eine ziemlich lange Tradition. Inzwischen seit 25 Jahren ist zum ersten Septemberwochende eine Reise nach Havelberg angesagt.
Ende August 1986 erfuhr ich zufällig durch eine Kollegin meiner Mutter von der Existenz des besonderen Pferdemarktes. Ein großer Flohmarkt - das machte mich sofort neugierig. Nichtsahnend was mich wirklich für ein Ausmaß erwarten könnte, machte ich mich am ersten Septembersamstag des gleichen Jahres mit meiner 150er MZ und magerem Studentenstipendium auf die spannende 100km-Reise gen Norden. Wenige Kilometer vor Havelberg wurde der elendig lange Autostau ca 20 km über die Dörfer umgeleitet. Und so verzögerte sich die Ankunkt auf den Parkplatzwiesen erheblich. Damals wurde noch auf den beiden Seiten der Landstraße 107 (Heute B107), gleich auf der Parkplatzfläche gehandelt was da Zeug hält. Die Verkäufsstände waren kleiner als heute, doch getreu dem Motto "Dabei sein ist alles", machte fast jeder mit und belegte zumeist nur die Automotorhaube oder einen Campingtisch mit kleinen Schätzen, die der sozialistische Handel gerade nicht zu bieten hatte.

Überwältigt vom unglaublichen Ausmaß und Angebot des Marktes war von nun an mit dem Havelbergfieber infiziert, dabei hatte ich sicher nur den halben Flohmarkt abgelaufen, war nicht bei den Pferden und wohl nichtmal auf dem eigentlichen (genehmigten) Handelsplatz angekommen. Das wenige mitgebrachte Geld war jedoch schnell in begehrte Schallplatten umgesetzt und so ruhte die Hoffnung auf dem nächsten Mal.
Die Folgejahre bis zur Wende dienten wieder der Versorgung mit den erträumten Originalschallplatten und einige überzählige Amiga-Schallplatten und Kassetten wurden im Gegenzug unters Volk gebracht.

Nach der Wende war alles dabei. Meistens haben wir ein wenig mit getrödelt um etwas mehr Geld für musikalische Neukäufe zu besitzen. Hierfür genügte 1990 noch ein kleiner Campingtisch mit nur zwei alten Holzbierkästen voller Platten. 10 Jahre später boten dann sechs 3x3-Meter-Pavillions Regenschutz für unseren gewachsenen Stand. Doch der böige Wind am Sonntag zerstörte einiges.
In vielen Jahren musste man schon 2-3 Wochen vor dem offiziellen Marktbeginn am Donnerstag seinen Wunsch-Standplatz belegen, um schließlich nicht in einer gemiedenen Seitenstraße aufbauen zu müssen.
Seit der letzten Veränderung der Marktordnung 2007 kann man vorher buchen und darf erst am Montag auf die Wiesen fahren. Wegen der gestiegenen Kosten schlüpften wir dreimal nur in die Besucherrolle, blieben aber trotzdem für mehrere Tage, auch wegen der abendlichen Partystimmung.
In den letzen Jahren durchwächst leider die Kleinhandelsfläche immer mehr mit Neuware-Klamottenständen. So werden vermutlich eines Tages weitere Trödler wegbleiben, was schade wäre.

© Sabine & Olli aus Magdeburg